Depressionen sind fast schon eine Volkskrankheit, immer mehr Menschen leiden unter depressiven Verstimmungen, aber nicht jeder geht auch zum Arzt. Viele gehen stattdessen in die Apotheke oder in den nächsten Drogeriemarkt und kaufen dort Johanniskraut, ein Kraut, das gegen Depressionen, innere Unruhe, Nervosität und auch gegen Angstzustände helfen soll. Johanniskraut gilt als natürliche Alternative zu den klassischen Antidepressiva und wird als vergleichsweise harmlos eingestuft. Aber ist Johanniskraut tatsächlich so harmlos, wie es scheint, oder hat das Heilkraut vielleicht doch unerwünschte Nebenwirkungen?
Johanniskraut – ein ganz besonderes Kraut
Im Volksmund wird Johanniskraut auch Herrgottsblut genannt. Seinen Namen verdankt das Kraut aus der Familie der Hartheugewächse aber dem Johannistag, denn die Pflanze blüht immer um den 24.Juni. Unterschieden werden verschiedenen Arten, wie das echte, das getüpfelte, das gewöhnliche und das durchlöcherte Johanniskraut. Das Kraut kann bis zu einem Meter groß werden und bis zu 50 cm tief in der Erde wurzeln. Die Blütezeit beginnt Mitte Juni, sie endet im August und einige Pflanzenteile sind leicht giftig. Die Johanniskrautarten sind überall auf der Welt zuhause, sie wachsen in Europa ebenso wie in Nord- und Südamerika und in Asien, sogar in australien sind die gelb oder weiß blühenden Pflanzen zu finden.
Ein bewährtes Heilkraut
Johanniskraut gehört zu den ältesten Heilpflanzen der Welt. Schon in der Antike nutzen die Menschen das Kraut als Heilmittel gegen nervöse und depressive Verstimmungen, damals als Melancholie bezeichnet. 2015 wurde das Kraut zur Arzneipflanze des Jahres gewählt, obwohl die Wirkung, vor allen Dingen aber die Nebenwirkungen nicht ganz so unumstritten sind. Zunächst war das beruhigende Kraut nicht für Menschen gedacht, erst als Kühe und Pferde von der Pflanze fraßen und dann deutlich ruhiger wurden, kam man in der Antike auf den Gedanken, die Samen des Johanniskrauts zu isolieren und als Arznei zu verwenden. Das Kraut wurde als Tee aufgekocht, als Tinktur verabreicht und zu Öl destilliert. Es galt als Einreibemittel, um die Gicht und Rheuma zu lindern, es half bei einem schmerzhaften Hexenschuss und auch bei Verrenkungen oder Verstauchungen wurden Umschläge mit konzentriertem Johanniskrautöl auf die betroffenen Körperteile gelegt.
Vorsicht vor Nebenwirkungen
Noch immer gilt, was pflanzlich ist, das ist auch gesund und vor allem immer harmlos, beim Johanniskraut lässt sich das so leider nicht bestätigen. Pharmazeuten der Universität im australischen Adelaide haben das natürliche Antidepressivum einmal genauer unter die Lupe genommen und sind zu erstaunlichen Ergebnissen gekommen. Sie fanden verschiedene Nebenwirkungen, die Palette reicht von Übelkeit über Müdigkeit bis hin zu Panikattacken. Wer regelmäßig Johanniskraut einnimmt, der muss damit rechnen, dass der Blutdruck steigt und es zu Fieber kommen kann. Bei einer zu hohen Dosis kann es zudem zu Bewusstseinsstörungen, Krämpfen und Verwirrtheit kommen. Auch Wechselwirkungen zu anderen Medikamenten wie zum Beispiel der Anti-Baby-Pille, sind wissenschaftlich belegt. Die Forscher aus Australien warnen davor, das beruhigende Kraut über einen längeren Zeitraum und in größeren Dosen einzunehmen, denn dann sind die Nebenwirkungen ebenso stark und auch so gefährlich, wie das bei Antidepressiva der Fall ist.
Johanniskraut nicht in der Schwangerschaft einnehmen
Viele Frauen fühlen sich besonders in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft nicht wohl, sie können schlechter schlafen, sind häufig unruhig oder nervös. Klassische medikamente kommen in der Schwangerschaft nicht infrage und die natürliche Alternative gilt daher als das perfekte Mittel, was es aber leider nicht ist. Selbst als Tee kommt Johanniskraut während der Schwangerschaft und später auch in der Stillzeit nicht infrage, denn die Nebenwirkungen sind so gravierend, dass sie sowohl der Mutter als auch dem Kind schaden können. Nicht umsonst gilt das Kraut als Gift für schwangere und stillende Frauen, denn im Mittelalter wurde das Kraut, das eigentlich die Nerven beruhigen soll, als Mittel für eine Abtreibung verwendet.
Bild: © Depositphotos.com / Kassandra2
Über den Autor Ulrike Dietz
Ulrike Dietz ist verheiratet, Mutter von zwei Kindern und lebt im Hochsauerland. Die Journalistin und Buchautorin schreibt Artikel zu vielen verschiedenen Themen und bezeichnet sich selbst als flexibel, aufgeschlossen und wissbegierig.