Viele Menschen sind felsenfest davon überzeugt, dass nur die Medikamente wirksam sind, die sie auf rezept bekommen, Medikamente ohne Rezept haben hingegen einen weniger guten Ruf. Evidenzbasierte Medikamente werden die Mittel genannt, die nachweislich eine Wirkung haben, aber ist das nur bei rezeptpflichtigen Mitteln der Fall? Dieser Frage gingen Mediziner und Pharmazeuten auf einem Kongress in Düsseldorf nach. Ist auf Medikamente ohne Rezept weniger Verlass als auf Medikamente, die der Arzt per Rezept verordnet?
Medikamente ohne Rezept – Es kommt auf die Krankheit an
Medikamente ohne Rezept gibt es in jeder Apotheke in einer mehr als großen Auswahl und es gibt Mittel gegen bestimmte Beschwerden, die besonders gerne gekauft werden. Wer Kopfschmerzen hat, der geht in die nächste Apotheke und kauft ein Präparat mit Wirkstoffen wie Paracetamol, Ibuprofen oder auch Acetylsalicylsäure. Auch bei einem grippalen Infekt oder einer erkältung gehen viele Menschen nicht zum Arzt, sondern holen sich in einer Apotheke Medikamente ohne Rezept. Wenn es um schwerwiegende Leiden wie zum Beispiel um eine Depression geht, dann ist bei vielen Johanniskraut ein bewährtes Mittel, erst dann, wenn sich das krankheitsbild verschlechtert, dann wird ein Arzt aufgesucht. Grundsätzlich ist gegen Medikamente ohne Rezept nichts einzuwenden, aber viele Patienten verlassen sich zu sehr auf diese Mittel oder gehen unsachgemäß damit um.
Die Nebenwirkungen beachten
Auch Medikamente ohne Rezept haben Nebenwirkungen, aber diese Nebenwirkungen spielen seltsamerweise keine so große Rolle, wie das bei Medikamenten der Fall ist, die der Arzt verschreibt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass bei Medikamenten, die der Arzt verschreibt, ein ausführliches Beratungsgespräch geführt wurde und das besonders in Hinsicht auf die möglichen Nebenwirkungen. Ein weitverbreiteter Irrtum ist auch die Annahme, dass Medikamente ohne Rezept, die jeder in der Apotheke kaufen kann, keine oder kaum Nebenwirkungen haben. Viele handeln nach dem Motto, wenn es frei verkauft wird, dann kann es nicht so gefährlich sein oder im Umkehrschluss, wenn es gefährliche Nebenwirkungen haben würde, dann könnte ich es nicht einfach so in der Apotheke kaufen.
Medikamente ohne Rezept – Nicht alles ist empfehlenswert
Nicht jedes Medikament ohne Rezept ist nach Ansicht der Kongressteilnehmer auch wirklich zu empfehlen. So stehen zum Beispiel einige Kopfschmerztabletten unter dem Verdacht, immer wieder neue Kopfschmerzen zu erzeugen, wenn diese Tabletten zu lange eingenommen werden. Auf der anderen Seite gibt es einige Medikamente ohne Rezept, die bei den Patienten eine Wirkung erzielen und das, obwohl wissenschaftlich keine Wirkung nachgewiesen werden konnte. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang vor allem der Apotheker. Nach Ansicht von Thomas Preis, dem Vorsitzenden des Apothekerverbands Nordrhein, müssen sich die Apotheker mehr Zeit nehmen, um die Kunden zu beraten und mit ihnen über die Wirksamkeit und Risiken zu sprechen.
Konkurrenz aus dem Internet
Den Apothekern kommt eine Schlüsselrolle zu, aber sie haben es immer schwerer, ihre Kunden adäquat zu beraten, denn es gibt die Konkurrenz aus dem Internet. In den Online-Apotheken werden Kopfschmerztabletten als Großpackungen angeboten und auch die günstigen Preise locken immer mehr Menschen, im Internet statt beim Apotheker vor Ort zu kaufen. Zwar bieten auch die Apotheken im Netz eine Beratung an, aber nicht selten müssen die Kunden für eine Beratung eine teure Telefonnummer anrufen. Hier besteht nach Meinung der Kongressteilnehmer Handlungsbedarf, denn vor allem ältere Menschen, aber auch diejenigen, die in ländlichen Gebieten leben und keine Apotheke in unmittelbarer Nähe haben, kommen was die Beratung angeht, viel zu kurz.
Medikamente ohne Rezept sind nicht grundsätzlich schlechter oder weniger wirksam als Medikamente, die der Arzt verschreibt, aber wer in die Apotheke geht und sich Kopfschmerztabletten kauft, der sollte sich immer die Zeit nehmen und sich vom Apotheker beraten lassen. Vielfach ist es jedoch besser, vor der Einnahme von Medikamenten immer einen Arzt zu fragen.
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Über den Autor Ulrike Dietz
Ulrike Dietz ist verheiratet, Mutter von zwei Kindern und lebt im Hochsauerland. Die Journalistin und Buchautorin schreibt Artikel zu vielen verschiedenen Themen und bezeichnet sich selbst als flexibel, aufgeschlossen und wissbegierig.